Armut besser verstehen, um sie zu bekämpfen
Um Armut besser zu verstehen, hat ein internationales Forschungsteam – unter der Leitung der Universität Oxford und der internationalen Bewegung ATD Vierte Welt – drei Jahre lang daran gearbeitet, eine Reihe von Dimensionen zur Definition von Armut zu identifizieren. Der Schlussbericht liegt in verschiedenen Sprachen vor.
„Man muss die Komplexität der Armut beleuchten, denn um Armut zu bekämpfen, gilt es, alle ihre Dimensionen zu beachten“, erklärte Marianne de Laat, ständige Mitarbeiterin von ATD Vierte Welt und Mitglied des internationalen Koordinationsteams dieser Forschung an einer Veranstaltung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ) im Mai 2019 in Paris. Diese Studie hat armutsbetroffene Menschen, Wissen-schaftler und Berufsleute in sechs Ländern versammelt: in Bangladesch, Bolivien, Frankreich, Tansania, Grossbritannien und den USA.
Wieder zum Handeln ermächtigen
Die Studie will „ins Zentrum setzen, was Menschen in Armutssituationen erleben und denken“, anstatt wie die aktuellen Messkriterien nur das verfügbare Geld zu berücksichtigen. Gemäss der Weltbank liegt die Grenze extremer Armut bei Dollar 1.90 pro Person und Tag. „Das ist zu einfach. Man kann eine Politik nicht auf Indikatoren abstellen, welche die Individuen nur anhand ihrer Entbehrungen (von genügendem Einkommen, menschenwürdiger Arbeit, Bildung …) erfassen und nicht als Menschen, die leiden, widerstehen, Fähigkeiten entwickeln, denen das Handeln verunmöglicht wird und die mit sozialen und institutionellen Misshandlungen zurechtkommen müssen“, erklärt Xavier Godinot, ständiger Mitarbeiter von ATD Vierte Welt und ebenfalls Mitglied des internationalen Koordinationsteams.
Diese Forschung ist die Fortsetzung einer zwischen 2011 und 2013 realisierten Arbeit zur Auswertung der Millenniums-Entwicklungsziele der UNO. Der 2014 veröffentlichte Bericht „Für eine nachhaltige Entwicklung, die niemanden zurücklässt: die Herausforderung nach 2015“ empfiehlt, „die in Armut lebenden Menschen als neue Partner beim Aufbau einer Wissensbasis im Bereich Entwicklung einzubeziehen“.
Die neuen Erkenntnisse sollen zur Umsetzung der Agenda 2030 beitragen mit dem Ziel «Armut und Hunger in allen ihren Formen und Dimensionen ein Ende zu setzen» und dabei «niemanden zurückzulassen», wie es in der entsprechenden UNO-Resolution heisst.
Links:
– Zusammenfassung (aus dem Schlussbericht)
– Dossier in der Zeitung Informationen Vierte Welt, März 2020
– Internationaler Schlussbericht und Länderberichte in verschiedenen Sprachen